William Kentridge in Dresden – Listen to the Echo

William Kentridge gehört zu den wenigen zeitgenössischen  Künstlern, die den Betrachter an die Hand nehmen. Er lässt jeden an seinen Gedanken teilnehmen, zeigt Einblicke in die zahllosen Details, die hinter seinen Arbeiten stecken.

Singer Sewing Machine

In diesem Jahr ist William Kentridge 70 geworden, ein guter Anlass für das Folkwang Museum Essen und das Dresdner Albertinum, diesen universellen Künstler zu feiern. In Johannesburg geboren, mit jüdisch-litauischen Wurzeln, erprobt er sich schon früh als Schauspieler, Designer und Theaterregisseur. Heute gehören Druckgrafiken, Collagen, Skulpturen, Tapisserien, kinetische Objekte und Puppentheaterstücke zu seinem künstlerischen Repertoire. Besonders beeindruckend sind seine Animationsfilme, dabei zeichnet Kentridge  jedes Einzelbild mit Kohle oder Graphit.

Der Fürstenzug in der Dresdner Augustastraße, seit 1906 in Meißner Porzellan.

Die Ausstellung im Albertinum ist eine gelungene Dokumentation von Dresdner Barockgeschichte und südafrikanischer Apartheidspolitik. Der Besucher steht zwischen den Kartons des „Fürstenzugs“ und der Filminstallation “ More sweetly play the Dance“. Begleitet von einer Brass Band, schleppt sich eine Prozession von geknechteten schattenhaften Figuren über die Leinwand. Welch ein Kontrast, im Film mühen sich die Menschen zu Fuss während beim Fürstenzug elegante Aristokraten auf geschmückten Pferde paradieren.

die Kartons des Fürstenzug in der Ausstellung „Listen to the Echo“ im Albertinum
More sweetly play the Dance,  2015

Die Kunst von William Kentridge ist immer politisch. Aufgewachsen in einem Südafrika, das durch die Apartheidspolitik gebrandmarkt ist, bleibt das Thema für den Künstler virulent. Immer geht es um Menschenrechte und das hat in Dresden eine gute Tradition. Da sind die festlichen Umzüge von August dem Starken noch eine  Selbstdarstellung des Adels, aber mit dem 19.Jahrhundert marschieren die Bürger auf die Strasse,  zu DDR-Zeiten die organisierten Paraden zu DDR-Zeiten und die  Friedliche Revolution um 1989. Auch die Pegida-Protestmärsche gehören dazu und haben der Stadt einen Stempel aufgedrückt.

Trotzki, Stalin und Lenin

Es schließt sich ein zweiter Film an „Oh To Believe in Another World“ von 2022. Es ist eine zauberhafte Bildcollage welche das kurze Aufkeimen der russischen Avantgarde thematisiert, bevor Stalin jede Extravaganz abwürgt. Die Frage nach der Machbarkeit von Utopien ist ein Kernthema von Kentridge und jene Phase zwischen Lenin und Stalin war rasch dem Untergang geweiht.

Lilya Brik – Costume Marquette für To Believe in another World

Untermalt von der 10. Sinfonie des russischen Komponisten Dimitri Schostakowitschs, der sehr unter der Willkür Stalins gelitten hat. Nach dessen Tod 1953 wird diese Sinfonie uraufgeführt- ein düsteres Stück Musik- und manche sehen als Abrechnung mit dem Regime.

to believe in another World
Lilya Brik war die „Muse der russischen Avantgarde“ und wurde von zahlreichen Malern wie Rodschenko, Matisse und Chagall porträtiert.

In „Oh To Believe In Another World“  wird die Ära vom Tod Lenins (1924) bis zum Ende der Herrschaft Stalins (1953) als Collagen dargestellt. In nächsten Raum lässt sich viel über die Machart der  Protagonisten erleben.

 

zwei der 26 Figuren der Prozession , in Bronze gegossen.
die Figuren sind aus benutzten Papier hergestellt, wie aus dem Kassenbuch der Chiesa di San Francisco Saveerio in Palermo.

Die Ausstellung William Kentridge – Listen to the Echo – ist noch bis zum 4. Januar im Albertinum Dresden zu sehen. Eine große Bereicherung bietet  der elegante Katalog aus dem Steidl Verlag.  www.albertinum.skd.museum   www.steidl.de

In der Dresdner Philharmonie wird am 14. Februar 2026 der Film  „To Believe in another World“ von William Kentridge gezeigt, untermalt mit der 10. Sinfonie von Schostakowitsch. Dirigent ist Michael Sanderling. www.dresdnerphilharmonie.de  

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