Kaum treffender zum Zeitgeschehen könnte die aktuelle Ausstellung ” Die Welt in Aufruhr” in der Frankfurter Schirn sein. Angebunden an das künstlerische Schaffen des weltbekannten Malers Marc Chagall, der über viele Jahre zur Flucht genötigt wurde und sich als heimatlos wahrnahm.
Der “wandernde Jude” könnte die große Überschrift zu vielen Bildern von Marc Chagall sein, Manchmal geht die Figur ach Westen und manchmal nach Osten, aber immer unterwegs mit seinem Bündel. Es zeigt seine seelische Verfassung von Entfremdung, die nie aufhören wird. In der Frankfurter Ausstellung hängt “Einsamkeit” von 1933, im Zentrum der Jude mit roter Thorarolle, daneben eine weiße Kuh.
Wie so oft in seinen Gemälden, fliegen Engel und Menschen durch seine Bilder, ohne jeden Halt. Dargestellt in kräftigen Farben und perfekt gemalt.
Im russischen Witebsk geboren, musste Marc Chagall zwei Weltkriege und den Holocaust überleben und war als Jude die meiste Zeit seines Lebens zur Flucht gezwungen. Ein ewiges Wandern, dabei galt seine erste Reise 1910 dem Kunststudium in Paris, dem Mekka der Avantgarde jener Zeit.
Aber die politischen Verhältnisse machten Paris “sein zweites Witebsk” zu unsicher und ließ das südfranzösische Gordes als Alternative zum Überleben erscheinen. Doch schließlich wurden die Schiffstickets nach USA zur eigentlichen Rettung vor den Nazi-Schergen. Obwohl Chagall kein Englisch konnte und sich nur im jiddischen Viertel von Manhattan aufhielt, wartete er mit der Rückreise nach Europa. Erst 1948 fand sein Umherirren in St.Paul de Vence an der Côte d`Azur ein Ende.
Dominierend in seiner Bildern der 1930 und 1940er Jahre sind die Themen einer schwindenden Identität, der verlorenen Heimat und dem Zurechtfinden im Exil. Wie ein Ausrufezeichen könnte man das Gemälde “Der Engelssturz” interpretieren, über die Jahre 1923, 1933 und 1947 zu seiner endgültigen Version gelangt.
Zu Beginn der 1930er Jahre reiste Marc Chagall ins britische Mandatsgebiet Palästina und es entstanden eher dokumentarische Werke wie das Innere einer Synagoge oder die Klagemauer.
Ganz im Zentrum der Ausstellung stehen die Kostüme für das Ballett Aleko, 1942 in Mexico City uraufgeführt nach der Musik Tchaikovsky. Mehr als 70 Entwürfe hatte Chagall geliefert, darunter sieben von seiner Frau Bella.
Die Ausstellung “Die Welt in Aufruhr” geht bis zum 19. Februar. www.schirn.de
Zusätzliche Informationen liefert der Audioguide, als Mietgerät (4€) und kostenlos auf das Handy zu laden. Wie häufig ein sehr gut gemachtes Digitorial unter www.schirn.de/digitorial und der Schirn Podcast mit dem Philosophen Leon Joskowitz.