Gemeinsame Sache im Dunstkreis von Berlin – zwei Museen widmen sich Edvard Munch. Da ist der stolze Schwan am Alten Markt in Potsdam, das private Museum Barberini, und der ärmere Vetter mit großer Ambition, die Berlinische Galerie in Berlin – Kreuzberg. Ansicht des Museums Barberini © Lukas Spörl
Schon die Anfänge sind höchst unterschiedlich. Das Palais in Potsdam, gebaut 1771 im Auftrag von Friedrich dem Großen gebaut, wurde mit der Eröffnung 2017 als Kunstmuseum Barberini zu einem Besuchermagneten dank der großartigen Sammlung von Hasso Plattner. Die Berlinische Galerie, entstanden in den 1960er Jahren aus einem Glaslager, wurde 1975 von Kunstbegeisterten 1975 gegründet und überrascht mit spannenden Ausstellungen.
Man war im Munchmuseet von Oslo schon etwas überrascht, gleich zwei Anfragen zu Ausleihen aus der selben Region zu bekommen, aber voilà!
Nein, das weltberühmte Ölgemälde ” Der Schrei” von 1893 ist in der Heimat geblieben, aber viel eher Unbekanntes des sehr bekannten Malers ist zu sehen.
Der Zeitgeist kommt dem norwegischen Maler entgegen, denn alles aus dem Norden ist in Mode und so wird Munch 1892 vom Verein der Berliner Künstler zu einer Einzelausstellung eingeladen. Doch die konservative Berliner Szene ist verwirrt über seine Sujets aus kräftigen Farben. Völlig neu für diese Zeit, dass Munch nicht die Wirklichkeit malt, sondern seine subjektiven Erlebnisse.
Munch lässt sich nicht beirren und wertet den Skandal als gute Reklame. Diese Freiheit zur eigenen Entwicklung , lockt weitere Künstler wie Strindberg oder Ibsen nach Berlin und die Bohème trifft sich in der Weinstube “Zum schwarzen Ferkel”.
Von der “Affaire Munch” avanciert der Norweger innerhalb weniger Jahre zum Klassiker und die Ausstellung im Kronprinzenpalais 1927 mit 244 Arbeiten ist ein umjubelter Höhepunkt. In über 60 Ausstellungen ist der Maler bis 1933 präsent, viele Museen möchten seine Werke erwerben.
Ab 1895 beschäftigt sich Munch mit der Druckgrafik in Allianz mit der Malerei und bis 1908 entstehen 300 Arbeiten.
ein Schmankerl ist das Reinhardt – Fries mit seinen 12 Gemälden, 1906 von Max Reinhardt in Auftrag gegeben für die Kammerspiele des Deutschen Theaters in Berlin. Sie zeigen das Landleben norwegischen Küstenbewohner und die Hängung in der Ausstellung entspricht der originalen Situation des Frieses über den Türen.
Ab 1904 verbringt Munch gerne die Sommer in Norden und wohnt die übrige Zeit im Berlin, ab 1909 lebt er dauerhaft in seiner Heimat. Er ist Mitglied der Berliner Sezession und für die Elite der Stadt ist ein Privileg, von ihm porträtiert zu werden.
Auch den Nazis gefällt das “nordische Weltgefühl”, doch zehn Jahre später gelten seine Bilder als entartet. Mit der Besetzung Norwegens durch die Deutschen 1940 vermacht Munch seine Bilder der Stadt Oslo und sind heute im Munchmuseet.
An die Architektur der Berlinischen Galerie muss man sich gewöhnen, aber die Ausstellung ist mit viel Hingabe gemacht. Eine Bereicherung sind die zahlreichen Fotos, darunter viele Selbstporträts, denn Munch liebt die Kamera.
Der Katalog, erschienen im Hirmer Verlag München, gibt viel Information zum Leben Munchs und der Atmosphäre im Berlin der Jahrhundertwende. Besonders gelungen sind die vielen Details wie der Stadtplan des damaligen Berlin, der Grundriss des Deutschen Theaters oder Fotos von den Ausstellungen.
Das Museum Barberini punktet mit dem monumentalen Bild “die Sonne”, geschaffen für die Aula der Universität Oslo. Schon bei der grandiosen Ausstellung 1927 im Kronprinzenpalais hatte dieses Bild einen prominenten Platz am Treppenaufgang. Ganz im damaligen Zeitgeist, sieht man die Sonne als Kraftquell und Wegbereiter der Freikörperkultur, die auch Edvard Munch sehr in seinen Bann zieht.
Das Museum in Potsdam widmet sich den selten gezeigten Naturbilder. Munch als Landschaftsmaler ist eher unbekannt, obwohl Wald und bäuerliches Leben über die Hälfte seiner Gemälde ausmachen.
Munch bevorzugte Motive des bäuerlichen Lebens aus vergangenen Tagen und sieht diese Lebensweise als Kontrast zur fortschreitenden Industrialisierung.
In beiden Häusern sind zahlreiche Selbstbildnisse zu sehen. Die Mehrzahl der Porträts sind nach 1900 entstanden und sind öffentlich kaum zu sehen gewesen.
Es war die private Sache des Malers, er beleuchtet seine eigene Vergänglichkeit. Es entstehen auch Porträts nach einem Aufenthalt in einer Nervenklinik oder nach der Erkrankung der Spanischen Grippe, die er knapp überlebte.
Der Zauber des Nordens ist in der Berlinischen Galerie noch bis zum 22. Januar zu sehen und das Potsdamer Museum Barberini zeigt Munch. Lebenslandschaft bis zum, 1. April. Zu beiden Ausstellungen sind getrennte Kataloge erschienen, in Berlin von Hirmer Verlag und in Potsdam von Prestel Verlag.
Beim Besuch beider Ausstellungen gibt es ein Kombiticket zum Preis von 20 €. www.berlinischegalerie.de und www.museum-barberini.de