Wer kennt sie nicht, diese drallen Frauen mit ihren übergroßen Bäuchen und provokanten Brüsten, die auch in einem Bahnhof für gute Laune sorgen. Im Jahr 1997 wurde “L’Ange Protecteur” in der Halle des Zürcher Hauptbahnhofs installiert und niemand kann sich dem Charme des  “Schwebenden Engel” entziehen. Die Nanas bezaubern und ihre erste Einzelausstellung im Amsterdamer Stedlijk -Museum 1967 machte Niki de Saint Phalle international bekannt.

Boule rouge Anne, 1969.

Doch pures Amüsement war keinesfalls ihr Hintergedanke ebenso wenig wie bei den spektakulären Schießbildern, die auf eine große Aufmerksamkeit in der Kunstwelt gestoßen war. “Ich bin Künstlerin geworden, weil ich keine Wahl hatte, ich brauchte also keine Entscheidung zu treffen”.

Nana, rouges Jambes en l’air, um 1968.

Angeregt durch die Schwangerschaft einer Freundin beginnt die Künstlerin ab 1965 ihre Nanas zu entwickeln und hat sofort Erfolg, konnte man wenigen Monaten in einer Pariser Galerie ausstellen.

Modell für Hon, 1966. Aus dem Katalog

Zu einem wahren Publikumsrenner wurde 1966 die monumentale, begehbare Plastik Nana namens Hon im Stockholmer Modern Museen. In Scharen strömte das Publikum durch die Vagina in ihr Inneres, dort waren eine  Milchbar, ein Kino mit einem Kurzfilm installiert und in ihren Beinen hing eine  Ausstellung mit gefälschten Gemälden. Über eine Treppe kamen die Besucher auf eine Kanzel über ihrem Bauch und konnten das Geschehen von oben betrachten. Entstanden in der Zusammenarbeit mit ihrem Lebenspartner Jean Tinguely, dem Museumsdirektor Pontus Hultén und Per Olof Ultvedt.

Inszenierung der HON als Plakat, 1966

Nach der Ausstellung wurde die riesige Skulptur zerstört, es gibt nur mehr nachgebaute Modelle.

Old Master, Séance Galerie

Die amerikanisch-französische Künstlerin Niki de Saint Phalle versuchte mit ihrem künstlerischen Schaffen die traumatischen Erfahrung ihrer Kindheit zu bewältigen. Erst 1994 sprach Niki de Saint Phalle von dem Missbrauch durch ihren Vater, die berühmten Schießbilder waren eine Reaktion.

Schießanzug von Niki de Saint Phalle, 1962.  Leihgabe aus dem Sprengel-Museum Hannover.

Ganz im Zeitgeist von Happenings waren die Schießaktionen , bei denen Farbbeutel auf mit Gips überzogenen Reliefs montiert wurden. Oftmals beteiligten sich  berühmte Zeitgenossen wie Rauschenberg in den USA. .

Beim Schießen – fotografiert an der Treppe zur Ausstellung in der Frankfurter Kunsthalle Schirn

King Kong, 1963

In Los Angeles schießt Niki de Saint Phalle 1963 während einer Aktion auf das großformatige Werk von King Kong mit Godzilla im Zentrum.

La Tempérance, 1986

Mitte der 1970er Jahre beginnen die Arbeiten für ihren Tarotgarten in der Toskana. Um die aufwendigen, begehbaren Installationen zu finanzieren, fertigt sie Möbel und Nanas als Auftragsarbeiten an, die in der renommierten Zürcher Galerie Bischofsberger gezeigt werden.

Das Wasserbecken mit Tinguely’s Rad des Schicksals vor der Hohepriester und dem Magier. Tarotgarten Garavicchio.

Am Ende ihres Lebens macht Niki de Saint Phalle großzügige Schenkungen an das Sprengel-Museum Hannover  und an das Musée d’Art Moderne et d’Art Contemporain. Im Jahr 2001 stirbt sie an einer schweren Lungenerkrankung, die Herstellung der Nanas hatte ihre Lungengewebe ruiniert.

Skull, Meditation Room, 1990

Die Ausstellung ist bis zum 21.Mai in der Frankfurter Schirn zu sehen. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen wie die Schirn at Night am 18. März, mit einer Öffnung bis 24 Uhr.

Niki de Saint Phalle, La Punt, 1976.  Fotografie Leonardo Bezzola

Zur Ausstellung gibt es ein digitoria, einen Audioguide und einen gut gemachten Katalog aus dem Verlag Hatje Canz. www.schirn.de