„The West Wind“ ist eine Ikone der kanadischen Moderne. Eines der wenigen großformatigen Gemälde von Tom Thomson zeigt eine Kiefer auf einer Felsenklippe, gewachsen trotz widriger Umstände, neigt sie sich im Wind, ohne zu brechen.
In der Frankfurter Schirn ist zum ersten Mal das künstlerische Schaffen Kanadas in den Jahren von 1910 bis 1940 zu sehen.

“The West Wind”
Sein früher Tod, der Künstler ist wohl 1917 im Canoe Lake im Algonquin Park ertrunken, machte ihn zu einem Helden. Für seine Zeitgenossen verkörperte Thomson einen neuen Künstlertyp, der auf sich allein gestellt und zutiefst mit der Natur verbunden war.

Tom Thompson – Ölskizzen
Thompson arbeitete als Fire Ranger im Algonquin Park, 300 km nördlich von Toronto. In seiner Freizeit machte er unzählige Ölskizzen in kleinen Formaten, nur wenige wurden später auf große Leinwände übertragen.

Lawren Harris – Beaver Pond 1921
1920 bildete sich in Toronto die Group of Seven, die sich der kanadischen Moderne verschrieben hatten. Dabei suchte man keinen neuen Malstil, sondern wollte die unberührte wilde Landschaft im Norden darstellen. Doch die Wildnis war schon damals keine Wildnis mehr.

Lawren Harris -Miner’s Houses + Ontario Hill Town
An den Expressionismus erinnern diese beiden Bilder, ohnehin waren alle Maler der Group of Seven gut mit der europäischen Malerei vertraut, kannten Van Gogh, Ferdinand Hodler und natürlich Caspar David Friedrich.
Sicherlich waren idyllische Landschaften das tragende Thema, aber mancher wie Lawren Harris zeigte durchaus sozialkritische Sujets mit der Ausbeutung und starken Zersiedelung im Norden Kanadas.
Emily Carr, die nicht zur Group of Seven gehörte, machte sich die Situation der indigenen Bevölkerung zum Thema, die seit Jahrtausenden dort lebten, was seit 1867 als „Kanada“ bekannt ist. Sie nutzten das Land im Einklang mit der Natur und hatten ihre eigenständigen Kulturen. Mit dem Eindringen der Weißen wurden oftmals vertrieben oder unter Zwang umgesiedelt.

Emily Carr – Blunden Harbour 1930
Die Malerin verbrachte viel Zeit mit der einheimischen Bevölkerung besonders auf Vancouver Island und ihre Gemälde sollte Details einer untergehenden Kultur festhalten.
In der Rotunde ist die Videoarbeit der Künstlerin Caroline Monnet zu sehen.
Für Caroline Monnet (*1985) verbindet der Atlantik beide Seiten ihrer Identität, jene ihrer kanadischen Algonquin-Vorfahren und den französischen in Europa . In der Videoarbeit Transatlantic (2018, 15 Min.) wird die 22-tägige Reise auf einem Frachtschiff von Europa nach Kanada gezeigt. In einer filmischen Montage sieht man die Bilder der Überfahrt, an der Mittelachse gespiegelt und unterlegt von einer tranceartigen Tonspur aus Radiofrequenzen und Morsezeichen. Ganz im Kontrast zur Statik der drei Betonkugeln PROXIMAL I, II, III (2018/2020), die auf Mondzyklen hinweisen und in der Tradition der Algonquin eine zentrale Rolle spielen. Auch die Auswirkungen der kolonialen Geschichte, von Handel und Migration sowie den traumatischen Erfahrungen der Indigenen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Mai 2021 zu sehen. Es gibt einen gut gemachten Katalog aus dem Prestel Verlag (35€), dazu ein Digitorial und zahlreiche Online Führungen und Webinare. www.schirn.de