Zeit und Muse verlangt die aktuelle Ausstellung im Kunstbau des Lenbachhauses, dazu eine warme Jacke, denn zur Schonung der zahlreichen Zeichnungen ist es ziemlich kalt dort unten. Es gibt viel zu lesen und zu betrachten.

Charlotte ist sich über ihre Gefühle nicht im klaren. Ist es Eifersucht oder etwas anderes, das sich in bezug auf ihre Liebe in ihr entwickelt?
Dabei hatte Charlotte Salomon schon in jener Zeit die Idee einer Graphic Novel entwickelt, sie nannte es damals ein “Singespiel”. Zu ihrem Schutz bekamen die Personen der Handlung, immer Menschen aus ihrer direkten Umgebung, andere Namen. Wie Szenen eines Drehbuchs sind die Illustrationen und Texte aufgebaut und haben mit den Sprechblasen schon den Charakter einer Graphic Novel.

Linke und rechte Seite: ihr Geliebter Daberlohn. ” Es zeugt immerhin von einigem Mut, den Sie da aufbringen. Vielleicht sind Sie gar nicht so schüchtern, wie Sie tun, sondern ein ganz ‘gefährliches’ Mädchen. Nur sind Sie noch schrecklich verkrampft: Menschenkind, nehmen Sie doch mal die Arme auseinander, es gehörte Ihnen mal einen kräftigen Stoss in einen gewissen Körperteil.’

Konversation mit Daberlohn
1939 ist die jüdische Künstlerin aus ihrer Heimatstadt Berlin ins vermeintlich sichere Südfrankreich geflohen und konnte im Haus ihrer Großeltern unterschlüpfen, die Deutschland schon frühzeitiger verlassen hatten. Der Selbstmord der Großmutter, der frühere Suizid der Mutter und Tante lässt Charlotte Salomon in einem wahren Schaffensrausch stürzen, aus Angst selbst depressiv zu werden. bis 1942 aus und im den Jahren 1940-42 entstehen mehr als 1000 Gouachen, von denen 769 signiert sind. Heute ist das umfangreiche Werk im Besitz des Jüdischen Museums Amsterdam und tourt seit 1961 in Ausschnitten durch die namhaften Museen der Welt.
Trotz der ständigen Bedrohung verraten zu werden, entdeckt man in ihrem Werk oftmals viel Heiterkeit bei der Schilderung von alltäglichen Situationen und privaten Problemen. Dabei vermitteln die Hinweise auf Kunst, Film, Musik und Philosophie auch ein Bild ihrer Zeit.

Gespräch mit dem Geliebten Alfred Wolfson alias Amadeus Dagerlohn
Erst 2010 konnte ein Brief der Künstlerin veröffentlicht werden, und darin bekennt sich Charlotte Salomon zur Vergiftung ihres Großvaters im Jahr 1943. Für die Nachwelt bleiben viele Fragen wohl für immer offen.

Ihren Protagonisten hat sie das Sehen und Reden verboten.
Die Ausstellung im Kunstbau ist noch bis zum 10. September zu sehen. Es gibt keinen aktuellen Ausstellungskatalog, der Bildband aus dem Verlag Taschen ist vergriffen. www.lenbachhaus.de

Eingang zum Lenbachhaus